Keine Ahnung

24.02.2014 11:28

 

Musiktheater

"Keine Ahnung"

 

Das Musiktheater "Keine Ahnung" wurde 1983 von Heinz Triendl und Robert Tribus gegründet. Der musikalische Stil dieser Gruppe weist eigentlich keine bestimmte, vorgegebene Richtung auf, ist aber (laut Definition der beiden Gründer) zwischen Adriano Celentano und Ludwig van Beethoven anzuordnen.

Schon nach zweimonatigem Bestehen der Band absolvierten sie ihr erstes Konzert in einem Innsbrucker Altstadtlokal. Von da an mehrten sich die Auftritte und schon bald kursierten Gerüchte um die Sonderbarkeit dieser Musiktruppe.

Zitat in der Tiroler Tageszeitung vom 18. Jänner 1984, nach einer Rockhausfete im Innsbrucker Stadtsaal, bei welchem "Keine Ahnung" mit Kreissägen, Mistgabeln, Sensen u.a. bewaffnet, just im Andreas Hofer Gedenkjahr, quasi als Vorgruppe des Wiener Musikers Günther Mokesch auftrat:

..Die Stimmung blieb locker, aber kühl. Als Keine Ahnung dann in Kriegsbemalung auftrat, präsentierte sich die Halle um einiges belebter. Doch die Formation erntete  vor allem Überraschung ob ihrer skurillen Darbietung. Die kurzfristig formierte Truppe hatte es wohl auch so erwartet.

 

Bericht eines Keine Ahnung Konzertes

 

Bericht eines Konzertes „Melancholie im September“ der Gruppe „Keine Ahnung“ am 28.9.1985, anlässlich der Schließung der legendären goldenen Rose in Innsbruck

Ja, damals in den Achtzigern war die Welt noch in Ordnung, es herrschte jene grenzenlose Unbekümmertheit, welche es zuließ, dass R miteinander, quasi Schulter an Schulter, Auge an Auge leben konnten (zumindest in der damaligen goldenen Rose zu Innsbruck) und niemand scherte sich um die Pensionsreform oder um die Blechadler, die in Bälde die Lüfte Österreichs beleben und verpesten werden, sondern wollte nur eines; fein drauf sein und was erleben. in besagter goldenen Rose konnte man dies; dort konnte es passieren, dass ein Sandler einen Punky um ein Bier anschnorrte, während er zärtlich dessen Ratte auf seiner Schulter streichelte und ein Mitglied der berüchtigten Rockertruppe Outsider dies mit wohlwollen betrachtete, vielleicht selbst dazu beitrug, dass jenem Penner das Bier zugute kam, oder vielleicht die übrig gelassenen Pommes frites einer amerikanischen Touristin, wobei er das Ketchup dazu bei der Sekretärin des Gasthauses bestellte, die es, eine lebende  kleine schwarze Schlange um ihren fingern gewickelt, auch brachte. Mitunter kam auch vor, dass während solchen Szenen der damalige Tiroler Landeshauptmann höchst selbst einher schritt, um im ersten Stockwerk gelegenen Nobelrestaurant ein Mahl zu sich zu nehmen und dann stock betrunken, von zwei Begleitern (Bodyguard) gestützt, wieder ins Freie torkelte, vielleicht den stillen Wunsch in sich hegend, des Punky´s Ratte zu streicheln, oder mit dem Sandler ein Bierchen zu trinken.

Klingt alles ziemlich absurd, ist es aber nicht, denn wer die Rose kannte, kann dies bestätigen. und wer die Rose kannte, müsste sich auch noch erinnern, dass dort die Band „Keine Ahnung“ des Öfteren ihr Unwesen trieb.

Die Auftritte der Band waren zwar Raritäten im Tiroler Kulturleben, galten aber als absoluter Geheimtipp; man wusste nie, was passierte, ob sie überhaupt spielten, oder ob ihr Auftritt z.B. nur eine Sekunde dauern würde (wie im Cafe Pssst in Jenbach.

Melancholie im September war quasi ein Abschiedsgeschenk an das Publikum der goldenen Rose, denn kurze Zeit später war dieses Gasthaus geschlossen; für immer.

Zurück blieb die Erinnerung an das rauschende Abschiedsfest, bei welchem keine Ahnung dem Publikum den Boden unter ihren Füßen zog.

Da wurden Wölfe (Mitglieder des Ensembles) aus einem Käfig gelassen, die sich sofort auf das Publikum stürzten, mit Fleisch und Leberstücken um sich werfend, während die Band selbst in verzückter Dissonanz ihre Instrumente begattete, messerscharfe Bleche, an dünnen Wäscheleinen befestigt über die Köpfe des Publikums anschlug und teilweise Stücke spielte, bei denen man glaubte, die Zeit bliebe stehen.

Das Klagelied „Melancholie im September“(© Bambis o.ä.) dann brachte eine Art Schwermut unter dem Publikum auf, weil es um den Untergang der Rose wusste und der Gewissheit, dass es solch ein Lokal wohl nie mehr geben würde.

Die Gesichter am Ende des Konzertes bezeugten dies, doch war diese Schwermut doch noch für einige Zeit verschwunden, weil keine Ahnung im eigentlichen Gastlokal schnell noch den Weihnachtsabend vorverlegte und das Publikum staunte offenen Mundes und festtäglichen Blickes, als ein Christbaum, Kerzen, Weihnachtsgebäck, Sternspritzer, Lebkuchenduft und Weihnachtslieder die gewohnte Umgebung zierte.

Als dann noch ein nasser, mit Regenschirm, Taucherbrille und Schwimmflossen bestückter Keine Ahnung Mann im Smoking durch den Raum flanierte, kiloweise Heu um sich werfend, war jedem wieder bewusst, wo er sich befand.

 

Skurille Auftritte

 

Galerie Strobl Innsbruck

Eines Tages wurde „Keine Ahnung“ gebeten, anlässlich der Vernissage des Zirler Künstlers Franz Strobl einen Auftritt zum Besten zu geben. Mit dunklen Anzügen und ihren Instrumenten bewaffnet trat „Keine Ahnung“ in dieser Galerie im 4. Stock eines Hauses in der Maximilianstraße in Innsbruck auf, absolvierte ihr Programm und als Zugabe sollte die Band plötzlich von der Bildfläche verschwinden. Der Vorhang ging runter, die Bandmitglieder setzten sich, samt ihren Instrumenten auf ein ca. 40 cm breites Sims außerhalb des dortigen Erkers in eben diesen fünften Stock. Der Vorhang ging wieder hoch und die Band dachte, dass das Publikum nun mit offenen Mündern ratlos nach den Männern suchte, da es sonst keinen anderen Ausgang in diesem Erker gab als jenes Fenster, aus welchem sich die Formation hinaus schlich. Doch niemanden war das Verschwinden der Band aufgefallen, alle hatten sich dem Buffet zugewandt, während „Keine Ahnung“ in schwindelnder Höhe oberhalb der stark befahrenen Maximilianstraße mit seinen Instrumenten kämpfte, um unverletzt, oder überhaupt noch, wieder ins Innere der Galerie zu gelangen. Als alle, damals sechs Mitglieder der Band heil und guter Dinge wieder Boden unter ihren Füßen hatten wurden sie beinah ignoriert, bzw. wie „Personal“ behandelt, obwohl sie für dieses Publikum ihr Leben riskiert hatten, zudem noch ohne Gage.

 

Kultur - Cafe PSSST Jenbach

 

Das Lokal war zum Bersten voll und mit Hochspannung wurde der Auftritt von „Keine Ahnung“ dessen Ruf ihnen auch in Jenbach vorausgeeilt war, erwartet. Die Bühne war ein kleiner Balkon im Lokal und die Band hatte darauf einige Notenständer, sonst nichts, aufgebaut. Der Dirigent erschien, bzw. er kam in einer chinesischen Sänfte, getragen von vier Trägern zur Lokaltür herein und rief seine Musiker. „Keine Ahnung“ erschien, in dunklen Anzügen und stellte sich vor ihren Notenständern auf. Der Dirigent hob seinen Taktstock, eine Baumwurzel in Form einer dalischen Krücke, und „Keine Ahnung“ wartete auf den Einsatz. Der Dirigent ließ sich noch etwas Zeit, um die Spannung im Publikum zu erhöhen und als er seinen Arm zum Einsatz hob, quoll aus den Instrumenten der Musiker ein sekundenkurzer Ton, dann wurden die Instrumente abgesetzt, in ihre Hüllen verpackt und „Keine Ahnung“ verschwand, um kurz darauf in ihrer normalen Bekleidung im Publikum aufzutauchen. Auf  Fragen, ob das alles gewesen sei, antworteten die Musiker mit einem breiten Lächeln, als ob sie keine Ahnung hätten, ob da überhaupt was geschehen sei.

 

Vernissage von Melanoptimis in der Galerie d ´ecole in Innsbruck

 

In der damaligen Galerie d ´Ecole des Innsbrucker Künstlers Pablo Sascha war „Keine Ahnung“ gern gesehener, aber auch gefürchteter Stammgast bei diversen Veranstaltungen; die Menschen kamen in Scharen zu dieses Happenings, um sich am schräg Dargebotenem der Band zu ergötzen.

Eines Abends spielten sie bei der Vernissage des verstorbenen Tiroler Künstlers Melanoptimis und baten diesen, die Band zu dirigieren. Als er sich einen improvisierten Taktstock holte, meinten die Musiker, es müsse mit seinen Gesichtsausdrücken dirigieren. Leider konnte das Publikum seine Grimassen nicht sehen, nur Keine Ahnung kam in den Genuss des Gesichtsmuskelspiels dieses extravaganten Künstlers. Nach diesem Intro verzog sich Keine Ahnung hinter eine lebende Leinwand, auf welcher höchst absurde Dia´s gezeigt wurden; lebend deshalb, weil die Leinwand mittels Stäbe bewegt wurde und die Bilder fast dreidimensional erscheinen ließen. Vor dieser Leinwand tanzte ein Mann, in einem engen, weißen Kostüm, eine enge weiße Badehaube um den Kopf gestülpt, die nur mit einer kleinen Öffnung am Mund versehen war, um atmen zu können. Diese Öffnung verschob sich jedoch während des ekstatischen Tanzes, sodass der Tänzer wild um sich fuchtelnd nach Luft rang, das sich bemerkbar machte, indem man den offenen Mund sehen konnte, in welchen immer wieder das Gummi der Badhaube eingesaugt wurde. Das Publikum glaubte, dies gehöre zur Performance und zollte ihm Applaus, doch glücklicherweise war das Lied kurz vor einem Kollaps des Tänzers zu Ende.

Der damalige Innsbrucker Bürgermeister, der an diesem Abend anwesend war, meinte in einem Interview, dass für ihn diese Aufführung ein „Tirolerabend moderner Prägung“ gewesen war. Und selbst zu einem Interview gebeten, stellte sich Keine Ahnung halb geschminkt einer Frage, die sie mit „Keine Ahnung“ beantwortete, kehrt machte und sich für den Auftritt weiterschminkte.

 

 

Konzert Utopia 1990

 

Ihr bislang letztes Konzert gab die Gruppe im Innsbrucker Kulturzentrum Utopia, 1990, anlässlich einer Reaktion auf die Gräueltaten des Golfkrieges.

Statement dieses Auftrittes: Jenseits von G(orbatschow) und B(ush)

Diese Neuinszenierung versucht, den absoluten Augenblick des Menschen im urkosmischen Nichts fest zu halten und dem Publikum nahe zu legen, ihm aber auch die Lächerlichkeit des Daseins auf zu zeigen, die sich allerorts in Form von Gewalt, Hass, Unzufriedenheit etc. manifestiert.

Zitat in der Tiroler Tageszeitung:

....Im Keller war´s danach ganz anders. Keine Ahnung deuteten bereits im Ensemblenamen an, dass sie mit ihrem Tun keine Erwartungshaltungen schüren wollten. --- Ausstaffiert mit (diesem Anlass hervorragend gerechten) Verkleidungen  von Sabine Unterdorfer, lieferte das ungewöhnliche Dutzend einen verblüffende Performance aus Sound, Text und Show: zwischen klassisch - züchtigen Gesang zu kunstbeflissenem Piano- und Flötenspiel und einer Punky - Horror - Monstershow, wie sie Drahdiwaberl zur Konkurrenz gereicht. Inklusive lebender Schlange und spritzendem Filmblut wurde da ein Engerl in den Käfig gesperrt, während sich der Frontmann zuweilen echt Furcht erregend teuflisch austobte. Der Vollmond leuchtete und jeder hatte keine Ahnung, ob beim anschließenden Tanz der Akteure in Windeln jetzt wirklich das Jenseits von G und B erreicht war. Hauptsache, es war ein jenseits von Mitternacht --- Seitdem ist die Band dem Vernehmen nach nur noch einmal aufgetreten, als sie Heu in ein Altstadtlokal warf. Von mehr haben wir keine Ahnung.

 

 

Kontakt

Robert Tribus

Pradlerstraße 21
A- 6020 INNSBRUCK

++43 (0)664 4572160